Vom Pflegeheim und Generationsunterschieden

Man kann das Pflegeheim eigentlich nur in 2 Gruppen einteilen. Die Bewohner und das Pflegepersonal.

Das Personal ist nicht gerade das professionellste. Lagerungsfehler. Pflegefehler. Hygienemängel.

Es werden Leute ohne Handschuhe gewaschen und danach werden keine Hände desinfiziert. Und auch die Wäsche Säcke, in die die schmutzige und teils nasse Kleidung kommt werden so gut wie nicht ausgewechselt, sondern nur entleert.

Wenn ich in manchen Zimmern Staubwischen darf, dann seh ich schon, dass da seit Jahren niemand mehr was gemacht hat.

Hab mich heute mit der Bewohnerin unterhalten, die dank ihrer Demenz immer mit ihrem Rollator durch den Gang läuft und ihren Heimatort sucht. Sie fuhr früher Trabbi, also habe ich ihr ein Trabbizeichen vorne an ihren Wagen gemacht.

Sie hat sich da total gefreut. Es wurde dann abgemacht mit der Begründung, dass ich keine Leute „verarschen“ soll. Es sollen wohl auch schon Vorschläge gekommen sein, dass man Wegweiser macht, die im Kreis führen, damit die Frau ein Ziel hat. Auch das Ortseingangsschild an ihrer Zimmertür hat wohl eine Weile gebraucht, bis es seinen Platz behalten durfte.

Ist das nicht traurig? Dass man den Leuten nicht mal eine Freude gönnt. Nicht innovativ ist. Das Heim an sich sieht auch schrecklich aus. Blasse ausgewaschene Farben und viel Holzoptik. Hier und da mal eine Pflanze. Man könnte alles mal neu und schön frisch streichen. Dem ganzen mehr Leben verleihen. Vielleicht ein saftiges hellgrün oder so.

Auch die Einrichtung da drinnen ist älter als die Bewohner. Auf den Gängen hängen Bilder. Aber solche von der Sorte, wo man nicht merken würde, dass sie weg währen, da es kein Blickfang und stinklangweilig ist.

Vom Umgangston mit den Leuten will ich gar nicht anfangen. Das Personal ist auch teilweise total geistig zurückgeblieben. Eine meinte heute bei jedem Bewohner, bei dem ich mit ihr war, dass wir heute mal nicht die Beine waschen. Gute Arbeitsmoral.

Die Bewohner haben jeder einen Schrank mit Pflegemitteln in ihren Zimmern. Anstatt jedem eine Packung Handschuhe rein zu hauen, ist überall nur eine Papp-Nierenschale mit ein paar wenigen Handschuhen, die dann auch nur nach und nach aufgefüllt werden. Sinnlos. Geile Organisation.

Eben wurde mir gesagt, dass eine Bewohnerin komplett fertig gemacht im Bett liegt und ich sie in den Speisesaal bringen soll. Gesagt, getan. Dann wurde sich über mich lustig gemacht, weil sie keine Zähne drinnen hatte. 

Ist eher der Fehler von dem, der sie zurecht gemacht hat. 

Dann liefen zwei Pflegekräfte hinter mir und haben sich über mich unterhalten. Sie meinten, ich hätte keinen Arsch in der Hose und würde viel zu schlank sein. Auf die Frage wie groß ich bin, antwortete ich 1,85m. Darauf kam nur, dass das nicht ginge und ich größer sei. Wohl gemerkt. Die eine war dumm und die andere dumm und fett. 

Dann wollte ich einer Patientin das Essen reichen und wurde mit einem: "Haha" begrüßt, als ich das Zimmer betrat, weil die Fette schneller war als ich. Niveauvoll. Echt.

Ich glaube die denk, wir sind best Buddies, weil ein Bekannter von ihr, mein guter Freund und Klassenkamerad ist. Oh man.

Ich komm doch auch nicht und sage:"Na meine Gute? Hast aber auch ganz schön zugelegt. Von deinen Speckvorräten kann sich eine afrikanische Familie ja einen Monat ernähren und alle werden satt."

Jeden Tag halt einfach das gleiche:"Wie groß sind sie?", "Sie sind aber schlank.".

Mach keinen Mist! Hätte ich gar nicht gemerkt, wenn mir das jetzt keiner gesagt hätte.

Eine Frau, OHNE Demenz, nennt mich schon die ganze Zeit Thomas. Nervt auch langsam.

Auch wenn ich mit den Bewohnern gut kann und sie mich leiden können, möchte ich so schnell wie möglich hier weg. Noch 2 Tage.

Eine Bewohnerin, die wegen ihrer körperlichen Verfassung im Heim ist, bietet mir immer die Möglichkeit abzuschalten. Ich geh immer zu ihr, wenn ich Zeit habe und wir quatschen über alles.

Heute ging es um Beziehungen. Sie hat mich nach meiner Ex gefragt, weil ich das Thema die Tage angesprochen hatte. Ich hab ihr alles erzählt. Und sie war schockiert. Nach alledem, was ich für meine Ex getan habe und nachdem ich immer für sie da war, wenn sie Halt brauchte verließ sie mich einfach.

Die Bewohnerin erzählte mir von ihrem Mann erzählt, der letztes Jahr verstorben ist. Dass es ihr erster und einziger Freund war und sie ihn geheiratet hat. Dass er immer für sie da war, auch nachdem sie jahrelang Pflegebedürftig gewesen ist. Dass die beiden gemeinsam aus dem Leben scheiden wollten und sie auf ITS gelandet ist. Und noch so vieles mehr. Über Männergeschichten, die aber alle nichts ernstes wollten.

Ich hab ihr erzählt, dass heutzutage die Mädels alle gleich aussehen und vor allem, wenn man feiern geht, nur das eine wollen.

Sie war fassungslos.

Ich erzählte, dass Beziehungen heute meist (leider) übers Internet geklärt werden, dass man sich nicht mehr normal kennen lernen kann.

Hab ihr erzählt, dass wenn man ein Mädchen anschreibt und fragt, ob sie sich treffen will nur kommt, dass man sich ja gar nicht kennt.

Sie schmunzelte.

Ich hab auch eine Kollegin in meinem Alter, die ihren Freund seit 4 Monaten hat und ihn nun zum ersten Mal sieht. Da er in der Eifel wohnt. Sie will ihn, wenn sie ihren Führerschein hat öfter besuchen, wenn sie zur Verwandtschaft nach Aachen fährt. Ich schätze, dass das mit Umweg 500-600km sind. 100€ Sprit. Aber das ist eine andere Sache.
Was bringt mir eine Beziehung, wenn ich meinen Partner nur alle paar Monate sehe und ihn noch nicht einmal kenne?

Ich finde solche Internetbekanntschaften ehrlich gesagt scheiße. Ich bin da kein Bisschen besser, aber es ist so. Das kennen lernen ist doch das schönste. Ich muss an meine Ex denken. Wie wir uns das erste Mal trafen. Sie stand da mit ihrem pinken Top und lächelte mich extrem an. Sie war so wunderschön. Wir waren dann Eis essen. Ich hab natürlich bezahlt. Haben uns über alles unterhalten und ich habe aus der kleinen schüchternen Raupe einen selbstbewussten Schmetterling gemacht, der mir dann davon geflogen ist.

Sie erzählte mir von ihrem Enkel (25), dass er eine langjährige Beziehung hatte und seine Ex nun geheiratet hat. Der Arme. Er teilt auch meine Ansichten. Ebenso wie die Bewohnerin. Also im Hinblick auf Frauen.

Dass Rauchen, Tattoos, Piercings und übermäßige Schminke Frauen unattraktiv machen. Sieht halt einfach scheiße aus. Aber finde mal eine, die nichts davon hat.
Totes Kapital nennt man sowas auch.

Ich hab keinen Plan was die Zukunft bringt. Ich bin irgendwie unzufrieden.
Meine jetzige Freundin habe ich auch nur übers Netz kennen gelernt. Das nimmt dem ganzen irgendwie die Spannung. Wo ich früher mal Ideen hatte, was man alles so unternehmen kann habe ich jetzt keinen Plan mehr. Mein Kopf ist leer. Keine Ideen, kein Anreiz, keine Motivation. Ich hänge trotz allem noch sehr an meiner Ex, was mich irgendwie total kaputt macht. Ich will das nicht.

Joka: Wenn ich heute so an früher denke, denk ich besser mal an heute.

Ich habe Angst. Angst wieder allein zu sein. Angst wieder zu sehen, wie alles den Bach runter geht. Manchmal hab ich so die Tage, an denen ich mir wünschte aus einem schlechten Traum aufzuwachen und alles ist wie es war.

Bushido: Es ist ein auf und ab, fast wie die Melodie. Es liegen Welten zwischen Praxis und Theorie. Wir warten auf ein Wunder, doch es klappt in der Regel nie.

Ich nutze meine jetzige Beziehung auch um das nachzuholen, was ich in meiner letzten nicht geschafft habe, einfach weil mir nichts einfällt, was man unternehmen könnte. Ich fühle mich schlecht dabei. Hab keine Motivation meiner neuen Freundin irgendwas zu basteln. Ich wünschte ich hätte welche.

Ich fühl mich schlecht dabei, dass ich eine neue Freundin habe, die ich auch mag, ich aber immer noch an meine Ex denken muss. Mal hasse ich sie und mal würde ich alles für sie tun können. Ein auf und ab.

Wir sind beide den Tränen nah. Die Bewohnerin, als sie von ihrem Mann erzählt und ich, als ich von meiner Ex erzählte.

Ich wünschte, ich wäre 50 Jahre früher geboren was das anbelangt. Sich normal kennen lernen. Ein Partner, den man dann fürs Leben hat. Kein Rumgehure unter Jugendlichen. Keine drecks Technik.

Ich wollte eine neue Beziehung und die hab ich jetzt auch. Aber ich hab keine Kraft dafür. Zum Glück stützt meine Freundin dieses Konstrukt gerade. Ich hoffe ich kann dadurch Kraft sammeln.
Ich bin skeptisch, wie lange das halten soll, wenn ich so weiter mache. Und wieder wird alles durch mich kaputt gehen und sie wird verletzt.

Ich will das nicht! Ich will glücklich sein!

Endlich wieder die Kraft und Motivation haben. Ideen haben, die ich auch umsetzten kann um sie glücklich zu machen. Eine Beziehung, in der man sich zwar liebt, aber irgendwie auch sich einfach wie beste Freunde verhält. Man alles zusammen macht und über alles reden kann. Und jetzt?

Jetzt hab ich so eine Freundin. Würde ihr auch nie meine Bedenken in diese Richtung sagen. Sie kann das hier zwar lesen, aber das ist mir gerade egal. Ich will sie nicht verlieren.

Auf der einen Seite habe ich ihr gesagt, dass ich Zeit brauche und alles langsam angehen lassen will. Auf der anderen Seite würde ich gerne alles überstürzen und einfach nur glücklich sein.

„Du bist traurig? Da haste ein paar Millionen. Nimm dir eine Auszeit und schau dir was von der Welt an.“
Das wäre es jetzt. Mit ihr überall hin fahren.

Mir gehen auch langsam die Gesprächsthemen aus. Wie gesagt, da bin ich voll der Profi. Nicht.

Auf der Heimfahrt habe ich das Radio laut gestellt und laut zu Heißkalt mitgesungen, während mir die Tränen die Wange runter liefen.

Joka: Immer dann, wenn du nicht mehr weißt wo lang, wenn du nicht mehr weißt wohin, wenn dir wegen was auch immer alles stinkt. Immer dann gönn ich mir ein Bisschen Fun, dreh ich den Beat auf und *Pam*. Immer dann wenn mich etwas überkommt.